
Ein Unternehmer zu sein, also selbstständig zu sein (die meisten Menschen nutzen diese Begriffe synonym, obwohl sie dies nicht sind), bedeutet für die meisten “selbst und ständig” zu arbeiten.
Diese „Weisheit“ hört man als Selbstständiger immer wieder. Meistens begleitet von Lachen, dass einem im Halse stecken bleibt, und eingestehendem Kopfnicken. Man wurde ertappt.
Für Selbstständige trifft dies auch tatsächlich zu! Wer selbst und ständig in seinem “Unternehmen” alles tut, hat etwas falsch gemacht. Er arbeitet in seinem Unternehmen, statt an seinem Unternehmen.
Unternehmer/innen (im Gegensatz) zu Selbstständigen arbeiten (auch) an Ihrem Unternehmen, statt nur darin. Sie haben einen strategischen Plan und folgen nicht nur einer scheinbar nicht enden wollenden Menge von Operationen.
Die meisten Menschen, die sich Selbstständig machen, tun dies aus zwei Motivationen heraus:
1. Um selbstbestimmend zu sein und keinem nervigen Chef, Rede und Antwort stehen zu müssen
oder
2. Um für die gleiche Arbeit besser bezahlt zu werden
Den meisten Menschen wird recht schnell bewußt, auf was für ein “Spiel” mit ihrer Existenz sie sich mit ihrer Selbstständigkeit eingelassen haben. Die eine Disziplin, die die meisten Gründer beherrschen, bezeichnen wir sie einmal als die technisch-fachliche, also bei einem Bäcker zum Beispiel das Wissen wie man Brot und Brötchen backt, oder bei einem Softwareentwickler wie man Software entwickelt, ist bei allen Gründern meist sehr ausgeprägt. Womit sie aber in der Regel nicht rechnen ist, dass dies nur ein Bruchteil (in der Beratung sage ich immer 20%) des Wissens ist, welches sie in der Ausübung ihrer zukünftigen Aufgabe benötigen werden.
Dazu zählen auch Dinge wie:
· Finanzen
· Marketing
· Personalführung
· Management
· Produktentwicklung
· Vertrieb
· usw.
Das Unvermögen, alle diese Aufgaben erfüllen zu können oder zu wollen, endet entweder damit, dass man die Aufgaben liegen läßt – übel – oder, dass man versucht andere “Profis” zu finden, die diese Aufgaben für einen erledigen, also so zu sagen die Rollen spielen, auf die man selbst keine Lust hat – eventuell noch übler, weil teurer und in der Regel völlig unkontrolliert – der Schimpanse mit der geladenen Waffe.
Als Unternehmer muss man ein Multitalent sein. Sich in das Abenteuer Unternehmen zu stürzen, ohne die geringste Ahnung von Dingen wie z. B. Finanzen, Marketing und Vertrieb zu haben, ist fahrlässig. Überläßt man anderen die unliebsamen Aufgaben und konzentriert sich auf das, was man kann, also das Brotbacken beim Bäcker oder das Softwareentwicklen beim Softwareentwickler, spielt man ein Spiel mit dem Feuer und vor allem mit der eigenen Existenz.
Vielleicht haben Sie Glück und finden jemanden, der alles perfekt macht und ihr Unternehmen wächst und gedeiht. Viel wahrscheinlicher ist es aber, und das zeigen die Statistiken, dass Sie aus Überlastung oder Überforderung einen vermeintlichen Profi oder, noch schlimmer, eine Aushilfe einstellen und bald merken, dass sie/er nicht die gewünschten Resultate produziert. Ihr/sein Gehalt müssen Sie natürlich trotzdem bezahlen und am Ende feuern Sie sie/ihn schliesslich frustriert.
Es entsteht eine Situation, die Sie vielleicht schon von anderen Unternehmern gehört, oder selbst erlebt haben.
Man startet als Techniker oder Fachmann mit einer Idee, hat vielleicht bereits zum Start einen oder zwei gute Kunden, kümmert sich darum, die Kunden gut zu bedienen und die Dinge abzuarbeiten, ist dann völlig am Ende mit seiner Kraft und entschliesst sich dazu, Mitarbeiter einzustellen. Diese sollen dann entweder die Aufgaben erledigen, die man selber nicht erledigen möchte, oder schlicht entlasten. Das Unternehmen wächst und einige Monate später werden die Mitarbeiter nach und nach entlassen, weil sie einfach nicht wie erwartet funktionieren. Der Ärger ist groß und das Nervenkostüm nun völlig dahin.
Einige Unternehmer stecken diesen Schlag weg und arbeiten fortan alleine oder mit einem einzelnen Mitarbeiter, andere geben schliesslich nach ein paar Wochen das Unternehmen auf weil Sie denken ihr Unternehmen ist eine unlösbare Aufgabe.
Was ist nun die Erkenntniss aus all dem?
Die meisten Gründer gründen kein Unternehmen, sondern Sie kaufen sich einen Job! Und teilweise zu einem hohen Preis.
Um zu verstehen warum dies so ist, muss man begreifen, was ein Unternehmen charakterisiert, wie es funktioniert und wie dessen Wert bestimmt wird. Ein Unternehmen ist vergleichbar mit einer Maschine. Es besteht aus verschiedenen Themenkomplexen (Komponenten), die wie Zahnräder ineinandergreifen.
Diese Themenkomplexe sind:
1. Führung: Ihre Unternehmensvision und die Strategie zu deren Umsetzung sowie das richtige Team zusammenstellen, trainieren und motivieren
2. Marketing & PR: Ihre Kunden verstehen und bekannt werden
3. Finanzen: Die Geldflüsse in Ihrem Unternehmen überblicken, steuern und verwalten
4. Management: Prozesse entdecken, dokumentieren und vermitteln
5. Kundengewinnung: Neue, potentielle Kundenkontakte knüpfen und konvertieren
6. Erfüllen der Kundenanforderungen
7. Netzwerken
Ist eine dieser Komponenten nicht vorhanden, oder nicht ausreichend durchdacht und entwickelt, führt dies in der Folge zu Problemen.
Ist auf der anderen Seite ein Unternehmen so aufgebaut, dass alle Komponenten funktionieren und zusammengreifen, haben Sie theoretisch ein Unternehmen von Wert geschaffen. Praktisch aber erst dann, wenn Sie es nicht selbst sind, der die einzelnen Komponenten betreibt, sondern jemand, der nach kurzer Einarbeitung ihre Arbeit nach Ihren Vorgaben (dem System) mindestens gleich gut erledigt.
Der nachhaltige Wert eines Unternehmens wird also bestimmt durch:
1. Das Vorhandensein einer tragfähigen, ggf. ausbaufähigen Idee
Eine Idee, die heute gut ist und Produkte und Dienstleistungen produziert, die sich heute verkaufen, ist heute gut, aber ein Unternehmen soll ja nicht nur heute leben, sondern auch in Zukunft.
Würden Sie zum Beispiel kurz vor der Fussball-WM ein Unternehmen gründen, das Autofahnen herstellt, würden Sie vermutlich während der WM gute Umsätze machen. Aber was, wenn nach der WM niemand mehr Ihre Fahnen kaufen möchte?
Je skalierbarer eine Idee ist, also je mehr Potential zum Wachstum und damit Aussicht auf eine Zukunft sie hat, desto höher ist ihr Wert und damit auch der Wert des Unternehmens, welches sie umsetzt.
2. Die Qualität des Unternehmenssystems
Die Themenkomplexe eines Unternehmens, die bereits oben beschrieben wurden (Führung, Marketing & PR, Finanzen, Management, Kundengewinnung, Netzwerken und das Erfüllen von Kundenanforderungen), sind gleichzeitig die Komponenten Ihres Unternehmenssystems.
Aber was bedeutet Unternehmenssystem überhaupt?
Wenn Sie heute einen Buchladen in der Innenstadt betreiben, dessen Fenster und Türen keinen Hinweis darauf geben, dass es sich um einen Buchladen handelt und Sie trotzdem von einem “Kunden” gefunden werden, der ein Buch kauft, dann ist dies das genaue Gegenteil von einem System. Das nennt man in der Fachsprache “Zufall”! Sie haben zwar einen “Lead”, also einen Kundenkontakt erhalten, aber Sie haben ihn nicht aktiv generiert.
Viele Unternehmen funktionieren nach dem Prinzip “Zufall”. Einige vielleicht nicht in allen Themenkomplexen, aber doch viele, vor allem in den Bereich Finanzen und Management.
Würden Sie den gleichen Buchladen betreiben, auf dem Gehweg vor dem Laden aber ein Schild, einen sogenannten Kundenstopper, mit dem Text “In unserem Buchladen führen wir Krimis, Fachbücher etc.” aufstellen, der mit einem Pfeil den Weg zum Laden weist, hätten Sie, wenn Kunden dann den Laden betreten, schon den Beginn eines Lead-Generierungssystems. Haben Sie mit dem Schild Erfolg und finden Kunden nun Ihren Buchladen, so müssen Sie nur noch messen, wieviele Menschen durch das Schild in Ihren Laden gefunden haben.
Die Kombination aus Aktion und Verifikation macht die Qualität des Systems aus. Natürlich ist ein Schild vor einem unsichtbaren Buchladen noch nicht das komplette Lead-Generierungssystem. Das System kann aus beliebig vielen Maßnahmen bestehen, die alle messbar sein müssen.
Um das System nun zu komplettieren, müssen Sie es so dokumentieren, dass andere mit dem System den gleichen Erfolg haben wie Sie. Im Falle des Schildes kann die Dokumentation so aussehen, dass Sie zum einen die Art des Schildes beschreiben, den Text auf dem Schild und den Standort für die Aufstellung. Stellen Sie nun eine Aushilfe ein, die am Morgen für Sie den Laden öffnet, so können Sie sicher sein, dass Leads in der gleichen Qualität und in gleichem Umfang generiert werden wie bisher.
Ziel eines Unternehmers muss es sein, sein Unternehmen komplett von unten nach oben selbst zu systematisieren. Nur so trägt das Unternehmen seine Handschrift und entspricht seiner Unternehmensvision. Erst dann kann er ruhigen Gewissens die Führung eines Teils oder des kompletten Unternehmens abgeben oder das Unternehmen zu einem guten Preis verkaufen.
Als Gründer sind Sie also am Anfang nicht “nur” der Chef, sondern auch Mitarbeiter im Vertrieb, im Marketing, in der Produktion, im Finanzbereich, in der Beschwerdeabteilung und im Management. Erst wenn Sie eine Komponente Ihres Unternehmens selbst beherrschen und systematisiert haben, geben Sie die Aufgabe an jemanden ab, der nach kurzer Einarbeitung mit ihrem System den gleichen Erfolg erzielt.
Sie werden dann vom Selbstständigen zum Unternehmer.
3. Art, Umfang und Planbarkeit der heutigen und zukünftigen Umsätze
Wie schon unter 1. beschrieben ist es schön, heute Umsatz zu machen, aber das ist eben nicht genug. Ein wertvolles Unternehmen macht nicht nur heute Umsatz und weiß ziemlich exakt wie viel, sondern auch in Zukunft. Solche Umsatzprognosen können natürlich nur dann realistisch sein, wenn man ein Unternehmenssystem hat, das solche Prognosen auf der Basis von fundierten Daten und Erkenntnissen erlaubt.
Die Erkenntnis für Sie als Gründer und Unternehmer muss also lauten:
Arbeiten Sie an Ihrem Unternehmen, statt darin.
Seien Sie in allen Bereichen Ihres Unternehmens aktiv und präsent. Systematisieren Sie Dinge so, dass Sie für andere leicht wiederholbar sind. So brauchen Sie bei der Einstellung von Mitarbeitern nicht die brilliantesten oder teuersten, sondern motivierte Menschen, der Ihre Vision verstehen, teilen und ihr Unternehmenssystem befolgen.
Bleibt zum Schluss die Frage:
Arbeiten Sie in Ihrem Unternehmen, oder daran?
Habe ich Ihrer Meinung nach etwas vergessen? Dann schreiben Sie doch einen Kommentar! Ich freue mich über jede Art von Anregung und Kritik.